Du hast eine nur Chance. Nur einen Wimpernschlag lang Zeit, zu gewinnen oder alles zu verlieren. Also nutze ihn gut. Einen zweiten Versuch kriegst du nicht.
Für einen ersten Satz gibt es nur eine Chance. Im Bruchteil einer Sekunde entscheiden wir, ob uns ein Text anspricht oder nicht, ob wir bereits sind, uns die Zeit zu nehmen und zu lesen oder eben nicht. Geht es um einen Onlinetext, bleibt meist noch weniger Zeit, den Besucher zum Leser zu machen. Der erste Satz ist der wichtigste im ganzen Text. Und genau deshalb fällt es uns oft so schwer ihn zu schreiben. Die Erwartungen sind groß, der Druck allgegenwärtig. Was ist, wenn mein Text weggeklickt wird, bevor überhaupt die ersten Zeilen gelesen worden sind? Wie schaffe ich es, dass der Besucher, genau diesen, meinen Text, liest? Wie schaffe ich es am besten den potenziellen Leser für meinen Text zu gewinnen, ihn zu einem tatsächlichen Leser zu machen?
Einfache Regel. Und wie auch in den beiden anderen Teilen „How to write“-Beiträge gibt es auch hier eine einfache und goldene Regel, an die man sich halten sollte. Sie erleichtert nicht nur den Einstieg in den eigenen Text, sie hilft uns auch dann, wenn die Wörter eben nicht einfach so aus uns heraussprudeln, dann, wenn die Deadline näher rückt und wir noch immer nichts zu Papier gebracht haben.
Es gibt drei Möglichkeiten, einen Text zu beginnen. Drei Möglichkeiten für einen ersten Satz – nicht mehr und nicht weniger. Diese Möglichkeiten sind eben so simpel wie einleuchtend. Hält man sich daran, fallen schon vor dem ersten Satz viele Ideen raus, die vermeintlich zwar toll klingen, den Besucher aber nicht zum Leser machen. Aber wie eigentlich immer gilt auch hier: Ausnahmen bestimmen die Regeln. Also macht euch nicht verrückt, wenn es nicht direkt klappt, oder ihr doch mal eine ganz andere Idee für den Einstieg in einen Text habt. Abwechslung ist wichtig.
Möglichkeit eins: das Zitat. Ihr wählt ein Zitat, das für einen Text passt, das ihn vorbereitet, das Thema vorgibt oder einfach der Aufhänger ist. Was für ein Zitat ihr dafür wählt, ist abhängig davon, worüber ihr einen Text schreibt. Soll es zum Beispiel ein Geschichtsaufsatz über die französische Revolution sein, dann bietet sich ein gängiges Zitat von einem der großen Revolutionsführer an. Soll es aber eine Germanistik Hausarbeit an der Uni für das Seminar „Literatur am Ende des 18. Jahrhunderts“ sein, dann sind vielleicht Goethe oder Schiller geeignete Kandidaten für Zitat. Wenn ihr einen Veranstaltungsbericht für die lokale Zeitung verfassen sollt, dann eignen sich möglicherweise die Begrüßungsworte des Musikers, der an diesem Abend auf der Bühne stand. Welches Zitat für euren Text das richtige ist, müsst ihr selbst entscheiden. Es kann auch genau das Gegenteil davon sein, worum es in eurem Text geht. Antithesen fördern oft Interesse. Das ist einfach so.
Wenn aber kein Zitat in Frage kommt oder ihr schon die letzten drei Blogposts mit einem Zitat begonnen habt, dann ist vielleicht Möglichkeit zwei die richtige für euch.
Möglichkeit zwei: die Alltagsweisheit. Diese Möglichkeit ist gar nicht so weit von der ersten entfernt. Fällt euch kein passendes Zitat ein, nehmt ihr einfach eine Alltagsweisheit beziehungsweise ein Sprichwort, um in euren Text zu starten. „Aller Anfang ist“, aber wenn man einige gewisse Routine gewonnen hat, dann kommen passende Alltagsweisheiten bereits im Schlaf. Schließlich gilt auch hier : „Erstmal drüber schlafen“. Und wie immer könnt ihr auch hier von der Norm abweichen und kleine Stolperer einbauen, die das Interesse des (potenziellen) Lesers wecken. Oder „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe ruhig auf Morgen“. Auch das kann helfen.
Oder ihr wählt Möglichkeit drei.
Möglichkeit drei: die Szenenbeschreibung. Die letzte Variante ist, die ihr wahrscheinlich alle am häufigsten nutzt, ohne es überhaupt zu wissen. Viele Beiträge beginnen mit einer kurzen Szenen- oder Gefühlsbeschreibung des Schreibers. Ist euch noch nicht aufgefallen? Guckt euch eure eigenen Texte an. Wie oft steht da was zum Wetter, zur vergangenen Woche oder darüber, was ihr gerade sonst noch macht oder eben auch nicht, weil ihr ja einen Blogpost schreibt – anstatt zu lernen, die Wäsche zu waschen oder endlich laufen zu gehen. Die Szenenbeschreibung hat den Vorteil, dass sie den Leser direkt in die Situation des Schreibers führt. Der Leser fühlt sich anwesend, wie ein Beobachter, der der Szene zusieht. Das ist für viele, die leichteste Art in einen Text zu starten – für Schreiber wie für Leser. Auch hier sind Varianten nicht nur erlaubt, sondern gewünscht.
Die erste Idee ist selten die beste. Wann immer ihr einen Text schreiben müsst oder wollt, haltet euch an die Regel: Wählt eine der drei Möglichkeiten und der Anfang ist gemacht. Mit dieser Regel gelingt es immer, die Angst vor dem leeren Blatt zu besiegen. Denn wenn das Blatt oder das Dokument erst mal nicht mehr leer sind, dann folgen die nächsten Wörter und Sätze deutlich schneller. Und wenn ihr am Ende eines Textes merkt, dass sich vielleicht doch eine Szenenbeschreibung mehr dazu eignet, den potenziellen Leser für euren Text zu begeistern, dann streicht einfach das anfangs gewählte Zitat und schreibt einen neuen ersten und alles entscheidenden Satz. Die erste Idee ist selten die beste.
Und das wichtigste, was ich euch heute noch mit auf den Weg geben möchte ist:
Gutes Schreiben kann man lernen – Übung macht den Meister.
Schreibt mir doch mal in die Kommentare, was euch dazu bewegt, einen Text zu lesen und was nicht. Welche Anfänge wählt ihr am liebsten für eure Texte und welche, der drei Möglichkeiten habt ihr noch nie verwendet?
Ein fantastischer Post, hab vielen Dank, liebe Pinkpetzie!
Meistens entscheide ich mich für Variante 3, doch auch die erste mag ich sehr. Ersteres eher auf dem Blog (Wetter- oder Zeitbetrachungen in aufgebrauch Posts, da hast Du mich echt erwischt *hehe*), letzteres dann mehr in Arbeiten. Aber warum auch nicht mal wechseln?
Danke für die Inspiration!
Das freut mich sehr, wenn dir der Post gefällt und du ein paar Inspirationen mitnehmen konntest. Danke dir :)
Ich nutze für den Blog auch fast immer Variante 3, bietet sich bei persönlichen Geschreibsel irgendwie an, aber wechseln darf man trotzdem ruhig mal.
Liebe Grüße an dich
Ich entscheide mich auch meistens für Variante 3… fast immer eigentlich. Zitate verwende ich so gut wie nie, obwohl es eigentlich eine schöne Möglichkeit ist in einen Text zu starten.
Vielen Dank, dass du die möglichen Textanfänge noch einmal auf den Punkt gebracht hast, ich war mir gar nicht darüber bewusst, welche Möglichkeiten es gibt.
Liebe Grüße,
Lia
Für Blogbeiträge ist es wahrscheinlich auch die Möglichkeit, die einfach am besten passt. Trotzdem kann ein bisschen Abwechslung zwischendurch ja auch nicht schaden. Ich freue mich, wenn der Post hilfreich war. Manchmal braucht man es ja schwarz auf weiß, um es wieder im Kopf zu haben :)
Ganz liebe Grüße zurück