Ich sitze im Garten, die Sonne steht tief. Nicht mehr lange und sie wird untergehen. Noch ist es angenehm warm, ich brauche noch einen Pulli und keine Jacke, ein T-Shirt reicht. Ich denke über die vergangenen Wochen nach. Über das, was passiert ist und das, was eben nicht geschehen ist. Ich denke über die Leute nach, die ich getroffen habe und diejenigen, die ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen habe, obwohl sie mir eigentlich am Herzen liegen. Ich versuche ein paar Gedanken zu ordnen, die mir kamen, als ich krank war. Während ich mit Fieber im Bett lag und nicht aufstehen konnte, musste ich mit vielem auseinandersetzen, das ich zuletzt verdrängt hatte. Keine Zeit, Hektik, der nächste Abgabetermin. Viel zu tun, Stress, Eile, keine Zeit.
Doch wenn einen der eigene Körper dazu zwingt, eine Pause einzulegen, zur Ruhe zu kommen und sich über Prioritäten Gedanken zu machen, dann hilft kein Sträuben, kein Verdrängen, kein Leugnen. Du musst dich damit auseinandersetzen. Ob du willst oder nicht. Du hast keine Wahl, wie spät es auch ist, du kannst ja doch nicht schlafen. Macht mich das, was ich tue, wirklich glücklich? Füllt mich mein Job aus? Sehe ich die Menschen, die mir am Herzen liegen, zumindest oft genug, um nicht das Gefühl zu haben, ich sei kein Teil mehr von ihrem Leben? Wie viel Zeit verwende ich täglich auf Dinge, die ich mache, weil andere sie von mir erwarten? Wie oft stelle ich meine eigenen Bedürfnisse hinter denen anderer an? Wann habe ich eigentlich das letzte Mal etwas nur für mich gemacht? Wann habe ich mal ausgeschlafen? Einfach mal nichts gemacht? Oder nur etwas, was mir Spaß macht, ohne dabei irgendeinen Nutzen, sei es ein tolles Foto, eine vielversprechende Kooperation – nicht nur mit Firmen, auch mit anderen Bloggern, oder Material für ein neues Video zu wittern?
Ich weiß es nicht. Die Antwort ist ebenso einfach wie grausam und erschüttert mich. Ich weiß es wirklich nicht. Wann war ich das letzte Mal spontan einfach glücklich? Habe ohne schlechtes Gewissen den Schreibtisch verlassen, um mich mit einem guten Buch in die Sonne zu legen? Ich weiß es nicht. Wann habe ich das letzte Mal ein spontanes Kaffee-Date mit einer guten Freundin gehabt? Wann war meine Wohnung das letzte Mal wirklich aufgeräumt? Alle Unterlagen sortiert, die Wäsche gewaschen und der Kühlschrank voll? Ich weiß es nicht.
Wann habe ich das letzte Mal meine Freunde in Hamburg, Köln oder Düsseldorf besucht? Obwohl ich sogar das ein oder andere Mal am Rhein war, habe ich sie nie gesehen. Immer war der Terminplan eng und die to-do Liste lang. Traurig, aber wahr. Wie lange will ich schon meine Wohnung streichen? Ich weiß es nicht. Aber irgendwas anderes war immer dringender. Hier ein Umzug, da eine Renovierung und im Garten war auch schon wieder einiges zu tun. Die Wände laufen ja nicht weg. Wenn sich all die Arbeit wenigstens gelohnt hätte. Doch immer wieder habe ich aufs falsche Pferd gesetzt. Habe Energie, Zeit und Liebe in Projekte oder Menschen gesteckt, die mich am Ende enttäuscht haben.
Und während die Sonne untergeht, es langsam kühl wird, weiß ich, ich muss was ändern. Ich bin selbst für mich verantwortlich. Wenn ich mit der Situation, in der ich mich befinde, nicht zufrieden bin, dann liegt es an mir, sie zu ändern. Denn vieles von dem, was uns unglücklich, unzufrieden und unausgeglichen macht, liegt in unserer Hand. Es liegt an uns, das beste aus unserem Leben, ja aus jedem einzelnen Tag zu machen. Denn wenn ich eines im letzten Jahr gelernt habe, dann das. Kurz ist die Zeit, die wir haben, wir sollten sie nutzen. Und zwar genau so, wie wir es wollen, nicht so, wie andere es von uns erwarten oder wie es sich toll in unserem Lebenslauf liest.
Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied.
Ich der meine und du der deine.
Zusammen bauen wir uns ein Schloss aus Gold.
hey, diese gedanken mache ich mir auch des öfteren. ich habe ein schlechtes gewissen, wenn ich zu lange am wochenende schlafe. ich gehe weniger aus, bin weniger bei meiner familie. der blog nimmt fast 100% meines privaten lebens an zeit in anspruch. die tage rennen so an mir vorbei… ob es das wert ist? ich bin mir momentan sehr unschlüssig, ob ich in diesem tempo weiter machen möchte. ich denke auch du, wirst irgendwann den richtigen weg finden :).
liebe sonntagsgrüße!
Das glaube ich dir sofort. Aber ist der Blog bei dir wirklich privat? Wenn man den Aufwand und die Zeit und so, die du da reinsteckst, betrachtet, dann ist es doch mindestens ein Nebenjob, oder nicht? Aber klar, so oder so muss man sich fragen, wie lange man das so machen kann und möchte. Du wirst bestimmt eine Lösung finden.
Liebe Grüße an dich
Und nicht vergessen, deine Freunde in Berlin wollen auch bald wieder Besuch von dir bekommen. Nein, Spaß beiseite. Ich kenne diese Gedanken nur allzu gut. Mich setzt es zum Beispiel total unter Stress, wenn ich am Wochenende Termine habe und mich nicht in Ruhe mit meinen Sachen und mit dem Vorbereiten von Blogposts beschäftigen kann. Weil hey, wann soll ich das unter der Woche nach Arbeit noch schaffen. Das ist als würde ich die Kontrolle aus den Händen geben. Ein Buch in Ruhe lesen kann ich schon lange nicht mehr. Ich will immer alles auf einmal, am besten parallel. Meine ToDo-Liste ist so lang, da weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll, wenn ich mal Zeit dafür finde sie abzuarbeiten. Meine Bücher stapeln sich bereits, ich will einerseits ganz viel Wissen aufsaugen oder mich ablenken, aber dann denke ich doch, ich könnte ja jetzt auch dies und das machen, anstatt hier zu chillen. Ich höre mittlerweile Hörbücher, denn das kann man parallel zu anderen Tätigkeiten machen. Aber weißt du, gestern habe ich dann endlich mal die Flow Spezialausgabe zum Thema Achtsamkeit in die Hand genommen und die ist wirklich klasse und findet gute Worte. Ich möchte mich mehr darin üben achtsam zu leben und zu essen, das Hier zu genießen und nicht an der Vergangenheit oder der Zukunft zu grübeln, immer und immer wieder. Gedanken kommen und gehen lassen und einfach mal nur sein statt andauern etwas tun zu müssen. Und das wäre einfach sehr schön, wenn das gelänge, ohne Druck. Mein liebster Satz ist deshalb auch: Ihr müsst erstmal gar nichts!
In diesem Sinne, alles Liebe von Einhorn zu Einhorn :-*
Das kann ich total nachvollziehen. Zu viele (am besten noch unerwartete) Termine und ich stresse mich auch total, weil ich genau weiß, dass ich dann nicht alles wie gewohnt machen und schaffen kann. Und dass das bei dir noch schlimmer ist, weil du ja zeitlich längst nicht so flexibel bist, verstehe ich total gut.
Achtsamkeit ist ein gutes Stichwort. Ich ärgere mich ständig darüber, so unachtsam zu sein und schaffe es dennoch nicht, manches zu ändern, obwohl es besser für mich wäre. Nichts müssen ist aber leider leichter gesagt als getan.
Trotzdem hoffe ich, dass ich meine Freunde in Berlin auch bald mal wieder sehen kann, ebenso wie die in Hamburg und am Rhein.
Liebste Grüße an dich, liebes Einhorn
Ich verstehe sehr gut, was du schreibst. Mir geht es auch schon lange so und trotzdem mache ich immer weiter. Deshalb habe ich vor, den Sommer ganz allein wegzufliegen und nur so zu verbringen, wie ich es will. Dann ist zwar mein Zimmer immer noch nicht gestrichen, aber ich wenigstens hoffentlich wieder tiefenentspannt.
Du bist auch immer so viel unterwegs und dann noch Arbeit und Blog. Da kann ich mir gut vorstellen, dass es dir da oft ähnlich gehen muss. Ein Urlaub ist immer eine gute Idee, um runterzukommen. Die „Probleme“ lösen sich davon auf Dauer aber meistens nicht.
Da hast du wohl vollkommen recht – man nimmt sich häufig einfach nicht die Zeit für die Dinge, die wirklich wichtig sind. Ich gebe mir in der letzten Zeit große Mühe einfach mal nochmal Sachen zu machen, die nicht notwendig aber dafür schön sind…
Liebe Grüße,
Annalena
Das ist eine gute Idee. Das sollte ich mir auch mal vornehmen :)
Liebe Grüße an dich
Ich kenne das sehr gut, was du in deinem Text beschreibst! Gerade das mit dem Wände streichen und mit gutem Gewissen ein Buch lesen hätte von mir kommen können. Ich habe es mal eine Weile mit richtig straffen To-Do-Listen versucht, um alles unter zu kriegen, aber das löst die Sache ja erstens nicht und zweitens habe ich mich von diesen ellenlangen Listen unter Druck gesetzt gefühlt und das möchte ich in meinem Privatleben eigentlich so wenig wie möglich. Ich bin gerade noch dabei, eine Möglichkeit zu finden, wie ich Zufriedenheit, viele zu erledigende Dinge und mangelnde Zeit unter einen Hut bekommen kann…denn es stimmt schon, was du da sagst, jeder ist seines Glückes Schmied :]
Wenn du eine Lösung gefunden hast, dann sag mir bitte Bescheid. Mit straffen to-do Listen habe ich nur schlechte Erfahren gemacht, weil es doch nie so klappen wollte, wie ich es mir gedacht hatte. Irgendwas ist ja immer. Leider. Heute Abend ist es die Spülmaschine, die nicht mehr laufen und stattdessen nur noch brummen will. Morgen ist es dann wann anderes… Ich sollte mich langsam damit abfinden, dass man einfach nicht alles planen kann und stattdessen mehr Puffer einbauen. Dann habe ich aber leider immer das Gefühl, nicht genug zu schaffen.
Also, wenn du eine Lösung hast, lass sie mich unbedingt wissen :)
oh ja, wenn selbst der Körper die Notbremse zieht, dann sollte man sich wirklich diese Gedanken machen und versuchen etwas zu ändern.
Du schreibst, dass du oft auf’s falsche Pferd gesetzte hast und meinst, dass sich die viele Arbeit nicht gelohnt hat. Auch wenn es jetzt platt klingt, aber auch aus einer „Niederlage“ lernt man. Nimm dir einen Moment mit Abstand und schau, warum es schief gelaufen ist. Warum du enttäuscht wurdest. Wenigstens das kannst du für die nächste Runde als hart erlangtes Wissen mitnehmen!
Fühl dich gedrückt! Ich hoffe es wird besser und du schaffest es Neues und Schönes zu schmieden, das die glücklich macht!
Liebe Grüße,
Hella von http://www.advance-your-style.de
Du hast vollkommen Recht, auch wenn es platt klingt. Aus jeder „Niederlage“ kann man etwas lernen oder Positives herausziehen. Trotzdem fällt es manchmal schwer, den nötigen Abstand, um die Dinge von außen zu betrachten, zu gewinnen. Manchmal ist der Frust einfach scheinbar übermächtig. Aber irgendwie müssen wir wohl immer wieder lernen, mit Misserfolgen klar zu kommen, ich zumindest.
Danke für deine lieben Worte <3
Viele Grüße an dich
Auch mir hat mein Körper vor ein paar Jahren eine Pause aufgezwungen und dann hatte ich genug Zeit zum Nachdenken. Auch wenn es aufgezwungen war und ich es am Anfang gar nicht wahrhaben wollte. Denn hey, ich schaffe doch alles……
Ich habe mich dann neu umorientiert und vieles, was für mich falsch in meinem Leben lief, aussortiert. War gar nicht so einfach. Das wichtigste war, dass ich einfach das Wörtchen NEIN öfters benützte und Arbeiten auch mehr und mehr delegiere. Falle zwar manchmal wieder in das alte Muster zurück, aber es wird besser………
Ich versuche, das Leben mehr zu genießen, mir Glücksmomente zu schaffen/nehmen und es nicht so starr zu sehen.
Liebste Grüße
Marina
NEIN gehörte auch ganz lange nicht zu meinem Sprachgebrauch. Das musste ich lernen. In den letzten Wochen und Monaten habe ich es aber wieder ein bisschen vergessen, denn manchmal ist ein NEIN viel schwieriger als einfach zu machen. Ein JA ist oft der leichtere Weg. Aber ob er am Ende glücklicher macht? Ich bezweifle es. Mir fehlt, um ehrlich zu sein, aber manchmal einfach die Kraft, um nicht den (vermeintlich) leichtesten Weg zu gehen.
Danke für deine ehrlichen und persönlichen Worte.
Liebste Grüße an dich