Ich habe mich verliebt. Unsterblich. In einen wunderschönen, flauschigen und sehr weichen Kuschelpullie. Von Edited. Das neue Label, das die Blogger lieben. Vor allem eben jenen Kuschelpullie. Auf verschiedenen Blogs und bei Instagram tauchte er immer wieder auf. In Senfgelb. Eigentlich so gar nicht meine Farbe. Und trotzdem ließ mich das Teil nicht mehr los. Stundenlange Recherche bis ich das besagte Stück endlich gefunden hatte.

Und es gab diesen Traum von einem Kuschelpullie sogar in einem weiteren, zu mir viel besser passenden Ton: in Wollweiß. Eigentlich fand ich ihn zu teuer. 80 EUR für einen Strickpullover sind nicht gerade wenig, wenn es sich nicht um besondere Qualität handelt. Als mir dann ein 15 Prozent Gutschein in die Hände fiel, interpretierte ich es als ein Zeichen und bestellte. Für Hermes’sche Verhältnisse ging die Lieferung sogar einigermaßen zügig.

Als ich ihn dann ausgepackt und in den Händen hielt, wusste ich, wir zwei sind für einander gemacht und werden einen wunderbaren Herbst und einen noch großartigeren Winter zusammenerleben. Dass die Nähte nicht sauber und irgendwie krumm und schief waren, wollte ich nicht sehen. Wenn wir verliebt sind, sehen wir nicht die Macken des Anderen, seine Fehler und Schwächen. Wir leben den Moment. Pullie ausgepackt, reingeschlüpft und nicht wieder ausgezogen. Erst abends, als es Zeit war, ins Bett zu gehen, zog ich ihn widerwillig aus. Am liebsten hätte ich ihn mit ins Bett genommen – so wie früher, als Weihnachtsgeschenke immer direkt mit ins Bett mussten.

Am nächsten Morgen war das Licht heller, irgendwie kälter, nicht mehr so rosarot wie am Abend zuvor. Die Naht war schief und am Kragen stimmte etwas nicht. So sehr ich die Augen auch verschloss, mein Traumpullie war nicht fehlerlos. Ich zog ihn an, um meine Mutter zu besuchen. Obwohl ich wusste, sie würde von meinem Neuen nicht begeistert sein. Zu Hause lassen konnte ich ihn nicht. Schließlich waren wir frisch verliebt. Und es kam, wie es kommen musste, sie zeigte mir die ungeschminkte Wahrheit. Meine neue Liebe hatte nicht nur kleine Schönheitsfehler, sondern echte Macken. Löcher. Weil die Maschen nicht gegriffen, die Nähte schlecht verarbeitet und einige Fäden einfach gezogen waren. Hier war nichts zu machen. So sehr ich auch bettelte und versicherte, ich könnte mich doch nicht jetzt trennen, sie blieb hart. Der Pullie musste weg. Retour wegen Materialfehlern.

Und weil ich unter dollstem Liebeskummer litt, orderte ich direkt einen Neuen. Leider war fast Wochenende und der Paketservice legte wieder sein übliches Tempo an den Tag. Also musste ich warten. Mit den Gedanken immer bei ihm. Bis er kam und mir endgültig das Herz brach. Denn auch der zweite Pullie hatte mehrere Fehler. Die Nähte waren noch schlechter verarbeitet. Krum und schief, mit losen Maschen und sogar einem Loch am Kragen. Aus lauter Wut und Verzweiflung heulte ich erst einmal eine Runde. Bat Mama sich das Desaster anzusehen und es zu retten. Doch sie weigerte sich. Ein neues Teil darf nicht so viele Fehler haben. Auch wenn ich es nicht hören wollte. Sie hatte Recht. Der Pullie war zwar immer noch flauschig, warm, weich und gemütlich, aber eben auch voller Macken, die auch ich nicht übersehen konnte. Trotz Wolke Sieben und rosaroter Brille. Und so musste auch das zweite Exemplar die Rückreise antreten und mich traurig und allein zurücklassen.

Seit unserer Trennung sind einige Tage vergangen, doch er fehlt mir noch immer ganz schrecklich. Es war Liebe auf den ersten Blick. Doch wenn eine Beziehung schon von Anfang an unter so schlechten Vorzeichen steht, sie würde niemals glücklich enden. Das muss auch ich einsehen, selbst wenn es schwer fällt. Mein Pullie und ich, wir zwei waren füreinander bestimmt und doch sollte es nicht sein. Ein dritter Versuch würde vermutlich ebenso wenig funktionieren. Ersatz gibt es nicht. Will ich nicht. Ich will den Einen. Diesen und keinen anderen.

Warum ich euch diese Geschichte erzähle? Um euch daran zu erinnern, die Augen nicht zu verschließen. Liebe macht bekanntlich blind. Und wenn Lieblingsblogger A nur lange genug ein Teil B in die Kamera hält, dann hat man plötzlich diesen unbedingten „HABEN WOLLEN“-Wunsch, der eigentlich gar kein Wunsch, sondern vielmehr ein existentielles Bedürfnis ist. Ich für meinen Teil kann mich von solchen Anfixereien jeden Falls nicht freisprechen. Wenn etwas sowieso schon absolut perfekt in mein Beuteschema passt, dann reicht die kleinste Kleinigkeit und ich muss es besitzen. Kopf aus, Verstand abgeschaltet, Herz an. So bin ich eben. Und genau aus diesem Grund heule ich diesem Pullie immer noch nach, finde keinen Ersatz und alle anderen doof. Ich will den einen oder keinen. Und weil der eine aber viel zu teuer für viel zu schlechte Qualität ist, heißt es eben: keiner. Schließlich meldet sich die Vernunft dann doch immer wieder, irgendwann. Leider viel zu spät. Denn sonst hätte ich diesen Kuscheltraum schon lange ausgeträumt. Hab ich aber nicht. Aber er bleibt eben ein Traum. Und ich hab weiter Liebeskummer.

Von wem oder was lasst ihr euch zu Käufen hinreißen? Und was bringt euch zur Vernunft, Fehlkäufe als solche zu erkennen und sich von ihnen zu trennen?

Ich wünsche euch einen schönen, hoffentlich Liebeskummer freien, Restsonntag.

PS: Am Ende gab es doch noch ein Happy End. Ich habe den Pullover doch noch in einer fehlerlosen Version bekommen und habe ihn auch eineinhalb Jahre später noch.