Mein lieber Mann! War das aufregend? Spannend bis zur allerletzten Minute, obwohl man sie eigentlich schon abgeschrieben hatte. Und dann die Wende, das, woran eigentlich so wirklich niemand mehr geglaubt hatte. Die vulkanausbruchartige Entladung der Emotionen. Halleluja, dieser Superbowl hat mich echt mitgerissen. Und das obwohl ich mit American Football eigentlich nichts anfangen kann. Dachte ich zumindest. Bisher.
Das Herausgreifen dieses einen, alles entscheidenden Spielers, obwohl es doch ein Mannschaftssport ist, bei dem alle ihr Bestes geben müssen? Personenkult wie man ihn in Deutschland von Sportlern so nicht kennt. Der eine Quarterback, der sich zum Helden macht, während alle anderen „nur“ dabei waren? Das widerstrebt mir eigentlich zutiefst, genauso wie Umreißen des Gegners und um jeden Preis zu Fall Bringen, mit Sport hat das für mich nicht so richtig viel zu tun. Aber gestern Nacht, war mir das alles plötzlich völlig wumpe.
Ich wollte, dass Tom Brady zum vierten Mal den Superbowl gewinnt. Ich wollte, dass mit Sebastian Vollmer endlich ein Deutscher das Ding holt. Ich wollte den Titel, der mir doch gar nichts bedeutet. Dieses Fieber können nur Sportveranstaltungen auslösen. Plötzlich wird die Nacht zum Tag gemacht, völlig unabhängig davon, dass der nächste Tag ein Arbeitstag ist. Wenn sich plötzlich wildfremde Menschen in den Armen liegen, sinnfreie Tränen der Freude vergießen, dann ist Sportgeschichte geschrieben.
Aber was macht die Faszination Sportevents aus? Woran liegt es, dass man sich plötzlich wuchsteufelswild vor dem Fernseher fluchen hört? Wer ist dafür verantwortlich, dass man am Ende einen Sieger feiert, wenn denn der Richtige gewonnen hat, oder eine bittere Niederlage einstecken muss, als sei etwas ganz schrecklich Schlimmes passiert? Bei aller Liebe, das ist doch nicht normal!
Eigentlich wollte ich meinen Mann sich allein die Nacht um die Ohren schlagen lassen. Doch dann hatte ich so viel zu tun, dass es plötzlich schon so spät war und losging. Also gut, kurz reingucken. Die Spielminuten vergingen, eine ausgeglichene Partie, irgendwie spannend. Dann hältst du mal bis zur Halbzeitpausenshow irgendwie durch. Schließlich sind die legendär. Katy Perry auf ihrem Monster-Tiger, tanzende Haie, Lenny Krawitz, samt Missy Elliott und dazu eine Lichtshow, die einem den Atem anhalten ließ. Das Milliardenfeuerwerk, dass die da mal eben in der Pause einer Sportveranstaltung in den Himmel geblasen haben, war da schon nur noch Beiwerk. Die Amis wissen, wie man es richtig krachen lässt.
Und was dann auf dem Rasen folgte, war ein Nervenkrieg der allerersten Sorte. Die Seehawks erarbeiten sich einen üppigen Zehn-Punkte-Vorsprung, Brady und seine Neuengländer schienen geschlagen. Schlampige Pässe, keine Risikobereitschaft und Fehler, wie man sie von ihm nicht kennt, eigentlich war der Drops gelutscht. Doch Sport wäre nicht Sport, wenn das Unmögliche nicht doch immer wieder passieren würde. Nur im Sport darf man einen vermeidlich längst geschlagenen Gegner niemals abschreiben – egal, wie groß der Vorsprung auch scheinen mag.
Ok, dass Brasilien im WM-Halbfinale nach einem 7:0 Rückstand nicht mehr zurückkommen würde, war klar. Aber mal im Ernst, wie oft drehen sich solche Spiele in den letzten Minuten? Wie oft liegen Sieg und Niederlage nur einen Wimpernschlag weit auseinander. Während die einen am Ziel ihrer Träume angekommen sind, zerplatzen sie im gleichen Moment auf der anderen Seite in hunderttausende kleine Scherben. Emotionen pur. Ob man will oder nicht, man ist plötzlich mitten drin. Ganz egal, welches Spiel gerade gespielt wird.
Eins ist sicher: der nächste Superbowl wird zelebriert. Eine ausufernde Party, mit tollen Freunden und noch mehr Essen. Wer am Ende gewinnt? Völlig egal. Hauptsache man ist dabei gewesen.
Ich habe den Superbowl verpasst, weil ich mir genau zu der Zeit lieber „Den König der Löwen“ am Broadway angeschaut habe – und habe mich hinterher geärgert. Denn wer weiß, wann die Patriots wieder gewinnen – und ich lebe ja ab Juli in New England :-(
Das ist natürlich wirklich ärgerlich, denn wahrscheinlich wird es ja wieder ein bisschen dauern, bis sie gewinnen. Du wirst trotzdem eine großartige Zeit haben, auch wenn du den Superbowl nicht gesehen hast!! Liebe Grüße an dich